Montag, 23. November 2015

Minies III

Papa, ich höre trommeln.
WAS? Wieviele Trommelschläge?
Ähm... Ich weiß nicht?
Zähl sie, schnell... wie viele?
Ich glaube... ich höre mein Herz schlagen.
Also zwei Trommelschläge, keine vier?
Ja. 

*erleichtertes aufatmen* gut.
So... Mittagbrot ist fertig.
Ja Papa... ich muss mich nur noch fortpflanzen.*

*prust*

Der bla bla hat auf dem Spielplatz ein Auto gefunden und einfach mitgenommen. Er hätte es lieber liegen lassen sollen...
Nein, er hätte es einer Erzieherin geben sollen.
Hä? Nein! Das war in Freiheit!
*prust* Öhm... in der Freizeit?
Ja, genau!


Erstes Zeugnis und meine Tochter durfte sich innerhalb eines Budgets etwas aussuchen. Wieder zuhause angekommen:

Papa, ich mag Computer spielen.
Ich finde es doof, dass dein neues Spielzeug schon wieder langweilig ist.
Aber nein! Die schlafen doch!
Die schlafen, weil du es so willst!
Sie rennt in ihr Zimmer. Von dort hört man ein:
Hab ich es doch geahnt. Papa! Sie sind wach!


Noch eine Runde Pokémon?
Nein, ich mag lieber Mortheim aufbauen!
*Sprachlosigkeit*
*Tränen des Gerührtseins*
*Stolz*


Pokémon go! *räusper* oder so...


*- In einem Computerspiel mit Namen: "Spore". Der geneigte Leser wird sich vielleicht erinnern.

Samstag, 24. Oktober 2015

Weapons of (Mass-)Construction

Prolog: Nun bin ich ja seit einiger Zeit in der Genderarbeit tätig. Das heißt vor allem bestehende (gesellschaftliche) Rollenbilder zu betrachten und mit Kids aufzubrechen... zumindest im besten Fall. Interessant ist, dass einem selbst manchmal gar nicht bewusst wird, wie sehr man in bestimmten Rollenbildern verhaftet ist und dass dies manchmal auch gar nicht so schlimm ist (zumindest in bestimmten Fällen). So hatte meine Tochter eine extreme Pink-Phase überstanden und das spezielle Mädchen-LEGO steht im Schrank. Gerade sind Drachen cool und eine ferngesteuerte Drohne. Zitat eines Jungenpädagogen und großen LEGO-Fans zu einem "sich in Frage stellenden" Vater (mir) zum Thema : "Na dann war das vielleicht einfach mal dran?"
 
Jungfernflug: Seit der letzten Modell-Hobby-Spiel* wartete also eine Drohne auf ein inzwischen achtjähriges Kind und nun war es soweit. Die Packung wurde aufgerissen, der Akku geladen und die ersten Flugversuche in der Küche (da war am meisten Platz) führten zur Feinabstimmung der Drehzahlen der 4 Rotoren (Danke Mr. Modellbau-Lego-Genosse Schmitti) und dennoch war es für meine Tochter gar nicht so einfach das Steuern zu lernen. Nach einigen Anläufen gingen wir also in den Hof auf eine Wiese. Die ersten Flugversuche dort waren viel entspannter, da mein Töchterchen nicht mehr so viel Angst hatte mich, oder das Kücheninventar zu zerlegen. Und dann wollte sie es so richtig wissen. Sie gab Vollgas. Die Rotorblätter summten "lautstark" auf und die Drohne startete in den einzigen riesigen Baum in der Nähe, wo sie sich in ca. sieben Metern Höhe in einem Ast verhackte. Jegliche Selbstrettungsversuche schlugen fehl, da die Rotorleistung das Fliegengewicht "Drohne" mühelos bewegte, aber nicht genug Kraft hatte das Fluggerät aus dem Baum zu retten. Ich war sprachlos. Sollte es das schon gewesen sein?

Kindheitserinnerung: Ich holte einen Ball. Wenn einem als Kind ein Ball in einem Baum hängen blieb, dann half es immer einen weiteren Ball nachzuwerfen. Wieder angekommen stellte ich fest, dass es verdammt schwer ist einen Ball mit Muskelkraft auf sieben Meter höhe zu bringen und dann auch noch die Drohne (10X10 cm) zu erwischen. Nach einigen Versuchen und einem schmerzenden Arm gab ich auf. "Muss die jetzt für immer da bleiben"? fragte mich meine Tochter. "Hmmm..." antwortete ich und tatsächlich fällt mir erst jetzt auf, wie stereotyp diese Aussage im Hinblick auf Rollenklischees ist. Dann durchfuhr mich ein Blitz der Erkenntnis. Eine meiner Nerfs** könnte die Höhe erreichen. Ich lief also nochmal nach oben.

Das Monster: Der geneigte Facebookbenutzer, welcher ab und zu meine Posts liest mag sich an eine Nerf erinnern, welche ich mit einer Doppelfeder gemodded habe. Ich nannte sie "Monster", da ich echt Angst habe diese Spielzeugpistole auf Menschen in nächster Nähe aubzufeuern. Ich kam also wieder in den Hof mit einer dicken Knarre in der Hand, welche mit 6 Schuß geladen war. Inzwischen hatten sich schon einige Nachbarn am ihren Balkonen versammelt und beguckten in der zunehmenden Dämmerung den "Freakvater" und was der nun schon wieder anstellte. Nicht unbekannt... Ich stellte mich genau unter die Drohne, legte an und schoß. Der Dart verfehlte die Drohne, flog durch das Blätterdach und in der Ferne verhallte der Pfeiflaut***. Nach ungefähr 2 Sekunden kam der Pfeiflaut erst wieder und nach einer weiteren Sekunde
schlug der Dart  neben uns in den Boden. Der geneigte Physikliebhaber mag ausrechnen, welche Mündungsgeschwindigkeit die Waffe öhm... Spielzeugpistole hat. Jedenfalls werde ich deren Gebrauch in einem Liferollenspiel nochmals intensiv überdenken. Ich positionierte mich in einem schrägeren Winkel zum corpus delicti und feuerte erneut, und erneut und erneut und erneut, ohne Erfolg. Die Streuung war einfach zu groß und die um sich greifende Dunkelheit machte das Zielen sehr schwer. Die Drohne leuchtete zwar, meine Waffe allerdings nicht. Ein Schuß noch... Meine zweite Hand sollte das Verziehen beim Rückstoß und allgemein eine bessere Möglichkeit der anvisierens geben. Ich drückte ab und traf. Sehlenruhig fiel die Drohne ins Gras ohne Schaden. Das freudige Lächeln meiner Tochter sagte Alles. Ich hatte es geschafft.

Epilog: Während ich die verschossenen Darts suchte, flog meine Tochter ihre Drohne noch eine Weile spazieren, bis der Flugakku den Geist aufgab. Tatsächlich ist es verdammt schwer solch ein Teil zu steuern, wie ich selbst (sehr kurz) erfahren durfte. Aber ich bin stolz auf meine Tochter und sie war Stolz auf ihren Papa, der mit seiner umgebauten Spielzeugknarre eine Drohne abschoß um das Lächeln eines Kindes zu retten. Als es ins Bett ging las mir meine Tochter aus einem alten Kinderbuch**** von mir vor. Sie lag unter ihrem Prinzessinenbaldachin, mit Pferden und einem LARP-Schwert an der Wand, einem Bild des Universums neben selbstgemalten Meerjungfrauen und im Regal wachten die Drachen eine Etage über dem Mädchen-Lego. Und da erst gewann ich die Gelassenheit es nicht mehr richtig gender*_innen zu müssen, sondern meine Haltung entspannt fortzusetzen. Meine Tochter wird wählen dürfen und die Fähigkeiten haben ihre eigenen Handlungen zu reflektieren... vielleicht nicht immer... aber... wer tut das schon?

Weapons of (Mass-)Construction


*- Eine Messe in Leipzig
**- Nerf ist eine Firma für Spielzeugpistolen, die Schaumstoffdarts verschießen.
***- größere Drats und speziell hergestellte geben einen Pfeiflaut ab.
****- Die Legende vom Pfefferchen

Mittwoch, 12. August 2015

Eine Schlacht

Das Conquest of Mythodea ist das größte Liverollenspiel der Welt. Seit Jahren bekleide ich in den Rängen der NSCs (NichtSpielerCaraktere) den Rang eines Captains. Wir sind die Bösen, damit die Guten Helden sein können. Meine Tochter ist seit ihrem ersten Lebensjahr fast immer mit dabei gewesen. 

Nun trug es sich zu, dass unser Lairdom "Silent Hill" (also unsere Armee) in einer Schlacht eine kleine Pause machte. Wir fassten Wasser und ruhten uns aus, denn bei fast 40°C auf einem staubigen Feld kann man schon mal echt kaputt gehen, wenn man nicht aufpasst. Dabei erklärte ich einer meiner Rotten... irgendwas... taktisches... bestimmt. Just sprang, wie eine Fee der Captain des Trosses auf mich zu:

"Du, deine Tochter steht am Rand und sucht dich."
Ich war wie vom Blitz gerührt. Voller Vorfreude rannte ich in die Richtung, in der der Captain zeigte und brüllte noch ein "Ruft, wenn der Laird*..." meinen Leuten zu. Dann sah ich sie. Sie erkannte mich unter der ganzen Schminke und den Klamotten kaum wieder und ein wenig Angst, dass ich sie umrennen würde hatte sie wohl auch. Dann fiel ich vor ihr auf die Knie und versuchte sie, mit so wenig Kontakt wie möglich zu knuddeln. Sie strahlte über das ganze Gesicht. So schnell wie möglich versuchte sie mir zu erzählen, was alles passiert, was sie alles gemacht und erlebt hatte... ich erinnere mich kaum noch daran, war ich doch kurz vorher noch damit beschäftigt Tod und Schrecken zu säen. Als meine Leute auch schon brüllten... "Captain! Der Laird*!!!"

Ein Fliegeküsschen... Ich musste... wie ich gekommen war, sprintete ich zurück, sprang zwischen zwei Bogenschützen hindurch und nahm meine Befehle entgegen. Eine Flankenmanöver links... und instruierte meine Fyrsts** dass die ihre Commons*** instruieren konnten. Es waren Sekunden die verblieben, doch als wir losmarschierten tat ich es. Ohne nachzudenken gab ich den Befehl und meine sechzig Leute brüllten den Namen meiner Tochter wie einen Schlachtruf voller Ehrfurcht... oder wohl mehr mit einem Grinsen im Gesicht. Und wir taten was wir immer tun, auf dem Conquest of Mythodea... wir waren verdammt harte Gegner für all die Helden.

Später erzählte mir jeder, der meine Tochter traf, dass sie voller Stolz war ihren Papi gesehen, und wie viel es ihr bedeutete ihren Namen gehört zu haben. Und im stillen empfand ich Glück, dass es noch ein paar Jahre dauert, bis ihr Papi ihr peinlich ist.
Wer würde mich erkennen?
Photo by Feuerfünkchen

Nachtrag: Später zeigte ich meinen Machtmissbrauch bei meinem Laird* an. Meine Strafe war sein leicht erschöpftes Grinsen betrachten zu müssen... er verstand es...


*- Laird ist eine altenglische Bezeichnung eines adligen Landbesitzers, vergleichbar mit einem Baron. Er führt unser Lairdom, also unsere Armee "Silent Hill" an.
**-Fyrst ist die Bezeichnung eines Anführers einer Einheit (Rotte) und übersetzbar mit "Erster seines Gleichen"
***- Common ist ein einfacher Soldat (Gefreiter)


Auf Wunsch kann ich irgendwann gerne mal unsere ganze militärische Struktur vorbeten... so für Außenstehende...

Montag, 19. Januar 2015

Spaghetti und die Wolken


Am Anfang war das Wort,
und das Wort war "Argh"
Piratcus 13:7


Ich bin Pastafarie. Für diejenigen, die das nicht kennen... Ich glaube an seine Heiligkeit, das Fliegende Spaghettimonster, welches uns mit seinen tentakeligen Anhängseln geschaffen hat. Nun geht es an einem Kind nicht spurlos vorüber, wenn seine Eltern, bzw. ein Elternteil religiös ist. Also passierte es schon das eine oder andere mal, dass ich meiner Tochter aus dem Evangelium des FSM* vorlas. Wir lachten viel.

Als ich meine Tochter heute aus der Schule abholte, kam sie plötzlich auf eine Idee:
"Papa, ich glaube Gott und das FSM* haben die Welt zusammen gemacht."
*prustend* "Wie kommst du denn darauf?
"Na das wäre doch cool!"
"Öhm... ja. Und wie haben sie es gemacht?
"Der eine Links, der andere Rechts."

... Wir gingen im Wildpark spazieren ...

"Und Gott hat ganz viele Kirchen gemacht und das Spaghettimonster Restaurants."

... Auf einer Spielplatz-Seilbahn ...

"Nur ein Haus steht auf der Grenze, das ist eine Kirche, aber in den Pausen gibt es Nudeln. Morgens, Mittags und Abends."

... Wir fuhren wieder heim ...

"Ich werde mir eine Geschichte ausdenken. Und du hilfst mir sie aufzuschreiben, ja? Ich nenne sie <Spaghetti und die Wolken>"


 
Auf dem Weg nach Hause dachte ich über die Worte meiner Tochter nach und versuchte sie in Relation zur aktuellen Tagespolitik zu setzen. Zuerst fühlte ich stolz über die Worte meiner Tochter, welche so viel mehr Weisheit beinhalten, als all diese Hasspredigten, Kreuzzüge, (Selbst-)Mordanschläge. Dann wurde ich traurig, denn ich stellte mir die Frage: Warum nicht? Verdammte Scheiße... warum denn nicht?
#JustSundaythings

* FSM=Fliegendes Spaghettimonster (offizielle und heilige Abkürzung)

Freitag, 17. Januar 2014

[...] wieso ich Vegetarierin werde

Dass "ein wenig verrückt zu sein" bei uns in der Familie liegt, beweist folgende Mail, die ich einfach hier für euch veröffentlichen will.

Hey, hier ist deine Nichte*. Du wolltest doch das ich dir mal meinen Traum aufschreibe, der der Grund ist, wieso ich Vegetarierin werde.

Ok hier ist mein Traum: Er fängt so an, dass ich gerade ein saftiges Fleisch - Steak in der Küche esse, mit Mama zusammen.
Wir essen und lachen und reden über alles Mögliche, doch auf einmal hören wir draußen ganz viele Tiergeräusche. Das Muhen einer Kuh, das Oink eines Schweins und das Naak-Naak einer Ente. Verwundert gehen Mama und ich raus, noch mit dem Steak in der Hand. Wir fragen die Tiere was los ist (keine Ahnung, irgendwie konnten wir mit Tieren reden) und die Tiere haben natürlich nur ihre üblichen Tiergeräusche gemacht aber wir konnten ihre Gedanken hören. So haben wir gehört, dass sie es schrecklich finden das wir sie alle einfach so unschuldig abschlachten und dann einfach ohne nachzudenken aufessen. Zuerst war das meinem Traum - Ich egal, aber dann, als Mama und ich mit dem Steak in der Hand gerade wieder reingehen wollten, sehen wir, wie ein Ufo am Himmel erscheint. Verrückterweise war auf dem Ufo ein Bild von einem Teller, vor dem ein Messer und eine Gabel überkreuzt waren, wie eben bei diesen ganzen Restaurants. Verwundert essen wir schnell unser Steak auf und gehen zu dem Ufo, das gerade landet. Heraus steigen Wesen, die aussehen wie Menschen, nur ... zu perfekt. Sie sind unnatürlich schön, haben keinen einzigen Makel und beherrschen unsere Sprache, als hätten sie sie erfunden. Auf einmal kommt einer von unsern Nachbarn, den gibt es in Wirklichkeit nicht, und der rennt mit einer Mistgabel und einer Axt bewaffnet auf die Aliens zu und will einen angreifen, aber der Alien packt den Mistgabel - Kerl einfach und isst ihn auf.
Dann sagte der perfekteste und gleichzeitig gruseligste Alien: " Ihr habt Wesen, die unschuldig waren, getötet und aufgegessen nur weil ihr euch als höher anseht. Nun werdet ihr gegessen von Wesen, die sich ebenfalls als höher ansehen."
Dann wurden wir alle gefressen und der Traum war vorbei.

Deshalb werde ich Vegetarierin!


Lisa war das erste, was mir dazu einfiel...

*- Meine Nichte ist 13 Jahre alt.

Sonntag, 8. Dezember 2013

Weihnachtsmarkt

Eigentlich hatte ich bereits einen Plan, als ich meine Tochter vom Kindergarten abholte. Dieser Plan besagte, dass wir nach Hause fahren würden und dann Sport machen. Sport heißt bei uns vor allem, dass ich meine Joggingklamotten anziehe und laufe, während meine Tochter neben mir auf ihrem Fahrrad fährt und alle Lieder singt, die sie kennt. Oder wir machen Kraftsportübungen zusammen, die darin enden, dass ich meine giggelnde Tochter stemme. So haben wir, irgendwann vielleicht sogar regelmäßig, genug Bewegung*. 
"Papa?"
"Ja?"
"Können wir auf den Weihnachtsmarkt gehen? Ich war dieses Jahr noch gar nicht auf dem Weihnachtsmarkt."
"Öhm ich dachte wir wollten..."
"Ohbüddebüddebüdde!"
*seufz*
Ich bin nicht gerade der größte Freund von Weihnachten und dem Konsum, der verkauften Zuneigung oder dem heiligen Fest ansich wo jeder Mensch gezwungen ist nett zu den Anderen zu sein... es ist ja Weihnachten. Und dann schaute ich in die Augen meiner Tochter... Diese infantile Freude an den Lichtern, der Wärme von Kerzen, dem Geruch von Räucherwerk...
"Na ok." sagte ich.

Wir stellten das Auto etwas abseits und marschierten los. Zuerst wollte ich noch in einem Kaufhaus diverse total männliche Pflegeartikel holen (Haarspülung), was uns dann eine Stunde lang in der Spielzeugabteilung aufhielt. Dank meiner kleinen "Schwester" und meiner Freundin ist meine Tochter von den "Fluffy Puff Tales" auf "My little Pony" gekommen und die Kommerzhymne pfeift mir durch's Hirn wenn ich nur daran denke. *sparkle, sparkle*
Dann Kreppelchen auf dem Weg zum ersten Karussell. Dort (ich schimpfe jetzt
mal nicht über Preise) dampfte meine Tochter mit dem Leipzigexpress ein paar Runden herum. Ich machte mir einen Spaß daraus neben dem Zug herzulaufen und sie in die Kreppelchentüte greifen zu lassen... sehr zu meinem Vergnügen... wenig zu dem der herumstehenden besorgten Eltern, denen ich damit ihren Sprösslingsschnappschuß versaute. Als die Fahrt zu ende war, blickte mich meine Tochter etwas verstört an, mir ihren Fahrtchip entgegen haltend. "Er hat vergessen..." sagte sie, ich schaltete schnell. "Komm erstmal." Wir gingen abseits. "Er hat vergessen den Chip zu nehmen." widerholte sie. "Ich weiß... und wir müssen überlegen, was wir jetzt machen." sagte ich mit dem Ergebnis, dass mich meine Tochter noch verwirrter anblickte. "Hmmm... Der Mann hat vergessen dir den Chip abzunehmen. Was machen wir jetzt? Wir können ihn zurückgeben. Das wäre ehrlich. Oder wir behalten ihn und können nochmal fahren. Deine Entscheidung." Meine Tochter überlegte... "Ich behalte ihn. Wenn der Mann an der Kasse uns beim nächsten mal vergisst einen Chip zu geben, habe ich noch einen übrig." Sie steckte den Chip also in die Jackentasche und wir zogen weiter.

So kam es, dass wir zu einem großen Holzkarussell kamen. Dort waren auf zwei Etagen Pferde, Hühner, Kamele, Tiger, drehende Gondeln und was nicht noch alles. Natürlich kauften wir auch hier einen Chip und warteten bis das Karussell anhielt. Meine Tochter wollte selbstverständlich auf ein Pferd, welches sich auf und ab bewegte. Dann brach der Krieg los. Mit Weihnachtskriegsbemalung, und diversen Helmen mit Pelzaufschlag und Glöckchen, verzierte Amazonen warfen ihre Kinder auf Pferde und kämpften so schmutzig mit Ellenbogen und Knien gegen ihre ErzrivalInnen und deren Sprösslinge, das "Der reitende Berg" seine wahre Freude gehabt hätte. Ihr Kriegsschrei klang nicht laut und weit, aber schrill und keifend... Was sollte ich tun? Mit meinen körperlichen Vorraussetzungen hätte ich diesen Kampf durchaus gewinnen können... unter diversen Verlusten meiner moralischen Grundsätze und etlichen Opfern meiner natürlichen Feinde. Leichen dieser Amazonen und ihrer Sprösslinge würden die Planken des Karussells bedecken. Das Blut würde in kleinen dampfenden Rinnsalen auf das Pflaster tropfen und dort langsam gefrieren, während meine Tochter als Einzige auf einem Pferd mit braunem Schopf ihre Runden dreht... beleuchtet von flackerndem Blaulicht. Ich würde wie Marv sein... Boromir... Yoren von der Nachtwache...
Den Gedanken abschüttelnd ging ich mit meiner Tochter an den Rand und wir warteten. Dann wieder Krieg... bestimmte Gedanken abschüttelnd ging ich erneut mit meiner Tochter an den Rand und wir warteten... Ich kämpfte vier Runden lang um meine Beherrschung und einen Pferdeplatz. "Papa, wenn wir in der nächsten Runde kein Pferd abbekommen, nehme ich eine Gondel, ja?" sprach meine Tochter mit einer Weisheit, die ich einer Sechsjährigen nicht zugetraut hätte. Dann bei der fünften Runde hatten wir Glück. Ein Pferd. endlich! Als sie saß, blickte sie von ihrem graumähnigen Pferd auf das braunmähnige neben ihr, welches natürlich bereits besetzt war. "Papa? Ich wollte eigentlich auf einem mit braunen Haaren reiten." Ich blieb cool. Ich wollte nicht cool bleiben, aber mein Verstand war wohl von meinem Erfolgserlebnis ein Pferd ergattert zu haben so abgelenkt, dass meine "Gingergene" deaktiviert blieben. "Schau mal..." sagte ich. "... dein Pferd ist wie Sternenschweif**. Es ist grau und unscheinbar, aber wenn du ihm das Zauberwort ins Ohr flüsterst, verwandelt es sich in ein Einhorn." Dann blickte ich vom Rand aus zu wie meine Tochter stolz auf ihrem Sternenschweif saß. Ihr Blick war voller Liebe auf mich gerichtet, ihr Lächeln wärmte mir das Herz in einem Maße, wie es nur Töchter bei ihren Vätern vermögen. Vielleicht lag es nur an den Lichtern, an der kitschigen Musik, oder weil mir ein Lebkuchen-Mandel-Kreppelchen-Krümel ins Auge geflogen war... aber ich rieb mir eine Träne weg und schniefte ein wenig.

Nur meine Tochter mit Helm und Axt posend...

*- ich laufe regelmäßig um mich fit zu halten... vor allem um meine Rolle auf dem Conquest of Mythodea ausfüllen zu können, damit ich länger tanzen kann und damit ich nackt nicht so scheiße aussehe. 

**- Sternenschweif - Kinderbuchreihe um ein Mädchen dessen grauen Pony sich in ein magisches Einhorn verwandeln kann. Guckt nicht so... das ist nicht unwarscheinlicher als Dr. Who!!!

Freitag, 8. November 2013

Der Tod

Ich weiß nicht mehr wie alt ich war, vielleicht fünf oder sechs Jahre, aber ich erinnere mich noch genau an die Situation. Es war Herbst so wie jetzt und mir wurde bewußt, dass mein Leben endlich ist. Ich würde irgendwann sterben, so wie jede Person um mich herum. Ein Gefühl der Panik kam in mir hoch und ich weinte. So fand mich mein Vater. Er fragte mich warum ich weinte und ich antwortete: "Ich habe Angst vor dem Tod." Da nahm er mich beiseite. Ich glaube sogar er setzte mich auf seinen Schoß und sagte zu mir: "Das dauert noch. Erst werden Oma und Opa sterben, dann ich und deine Mutter und erst dann wirst du sterben." 
Ich denke er meinte es gut, doch ich rannte panisch weinend zu meiner Mutter... Kaum etwas hat mich wohl mehr geprägt als dieser Satz meines Vaters... aber hier geht es nicht um mich.

Meine Tochter hatte sich in ihr Zimmer verzogen und ein Schluchzen klang herüber. Ich ging zu ihr und sie weinte. "Was ist denn?" fragte ich. Da sah sie mich an und sagte: "Ich habe Angst zu sterben." 
Ich war paralysiert. Der Satz meines Vaters schob sich mir aus den Eingweiden meines Bewußtseins über meine Zunge auf meine Lippen. Ich hatte schon Luft geholt die Worte auszusprechen, als ich meine Lippen aufeinander presste, tief ein- und ausatmete und hart schluckte. "Ähm..." stammelte ich. "Wie kommst du denn darauf?" "Ich weiß nicht... Ich musste gerade dran denken. Uroma und Uropa... " sagte sie und Tränen glitzerten auf ihren Wangen. Ich nahm sie ganz fest in den Arm.
Nach einer Weile guckte ich sie an und sagte: "Denk nicht darüber nach. Bald wirst du Uroma und Uropa wiedersehen, und deine Oma und deinen Opa und deine Mama und mich. Das ist doch das Wichtige." Sie nickte nicht überzeugt. "Hey... um Probleme kümmern wir uns wenn es soweit ist, ok? Und ich habe nicht gehört, dass Jemand gestorben ist." Ich versuchte zu lächeln, sie nickt zaghaft... dann fing ich an mich mit übertriebenen Gesten zu betasten und meinen Puls zu fühlen. "Nein... ich fühle mich noch ganz lebendig!" Da prustete sie los. 
Wir lachten eine Weile zusammen.. dann blickte sie mich an und Fragte: "Paps? Darf ich deine Nervguns haben?"


Nur ein Grabstein meiner Mortheimplatte...