Freitag, 5. April 2013

Ostern-Zoo

Nachdem der kurze Krankenhausaufenthalt überstanden war, sollte Ostern nun richtig losgehen. Am Sonntag waren wir mit meiner Familie im Zoo verabredet, doch vorher hatte ja der Osterhase noch etwas versteckt. Also... eigentlich sollte er etwas versteckt haben, als ich um halb sieben geweckt wurde. Also war erstmal Frühstück dran und wir schauten eine Folge Avatar (der letzte Luftbändiger). Die Zeit nutzte ich um die Ostersachen zu verstecken, aber wo? Wohnzimmer? Da saß sie! Ihr Zimmer? Da würde es gar nicht auffallen, selbst wenn es gut aufgeräumt wäre. Ich entschied mich für den Flur. Nun liebt meine Tochter diese Gummi-Getier-Burger und ich... öhm... der Osterhase hatte eine Tüte voll besorgt. Es schien mir eine gute Idee zu sein, einen der Burger mitten in den Flur zu deponieren, damit sie sich freut und weiß, dass da noch mehr ist. Pünktlich zum Ende der Folge rannte meine Tochter aufs Klo und ich rieb mir innerlich die Hände, auf überschwängliche Überraschung wartend. 
Und ich wartete...
Und ich wartete...
Plötzlich kam ich mir vor wie ein EVILMASTERMIND der dem Superhelden eine Falle stellt und dieser geht einfach vorüber.
Und ich wartete...

Dann hielt ich es nicht mehr aus. Ich ging in den Flur und mit größter Überschwänglichkeit rief ich: "OH! WAS IST DAS DENN?"
Und ich wartete...
Keine Reaktion...
Ich ging ins Bad: "Hast du das gesehen?" fragte ich während ich in Richtung Flur zeigte. Meine Tochter guckte mich, vom Klo aus, leicht verwirrt an: "Meinst du den Burger, Papa? Der war gerade eben schon da."
Es wäre zu theatralisch wenn ich sagen würde, dass in diesem Moment etwas in mir zerbrach... aber...
"Ja, ich meine den Burger." *Klospülung*
"Heute ist Ostern. Vielleicht war das der Osterhase?" versuchte ich die Situation zu retten...
Meine Tochter nickte. "Ja, da ist auch ein Osterhase." sagte sie und deutete durch die Badtür auf einen Schockohasen den ich eigentlich viel besser versteckt wähnte... Nun... Nach dem Händewaschen wurde dann also gesucht, kurz Lego zusammengebaut, und dann ging es auch schon ans Packen.

Meine Tochter nahm ihren Rucksack, der seit Generationen in unserer Familie gebraucht wird. Ihre neuen Burger kamen auch hinein, denn sie wollte, dass Jeder einen bekommt, was mich schon ziemlich stolz machte. Außerdem kam in ihren Rucksack unsere Verpflegung (Bananen und Ostereier) während ich die Wasserflasche trug.
Dann waren wir pünktlich vor dem Zoo. Es überraschte mich nicht, dass meine Familie später kam... Rituale müssen ja zelebriert werden! So stellten wir also über einen gewissen Zeitraum fest, dass trotz der Kälte eine ziemlich große Anzahl von Leuten am Ostersonntag in den Zoo kamen. Und dann begann einer der schönsten Familientage, die ich bisher erlebt habe. Mein Bruder, meine Schwester, mein Neffe, meine Nichte und die "Gefährtinnen" meines Bruders und meines Neffen. Eigentlich war der Plan gemütlich so an die vier Stunden durch den Zoo zu schlendern. Wir hatten aber nicht mit dem Kinderprogramm gerechnet, welches unterstützt durch Schwarwels Schweinevogel eine komplette Zooralley beinhaltete damit man TIGEREXPERTE wurde. Das war soweit ok, bis es anfing zu schnein. Ein Überblick der Stationen:
  • Eier anmalen 
  • Tigermaske oder -schwanz basteln
  • Hindernisparcour (Wo wir bestimmt eine halbe Stunde im Schneetreiben an standen)
  • Quiz (bei dem meine Tochter erstaunlich gut abschnitt)
  • Mikado
  • Geschicklichkeitsspiel
  • Bild-Fehler-Suche

Meine Nichte warf schon nach ein paar Stationen auf Grund der Kälte, und weil sie nun auch schon 12 ist, das Handtuch. Wir hielten durch, was so manches mal nicht einfach war. So splitteten wir uns, wenn Wärme oder Glühwein die Sehnsucht in meiner Familie weckte, telefonierten wenn einer dann doch noch eine Station gefunden hatte und lösten uns beim zusprechen von Mut oder bei Toilettengängen ab, so dass Niemand (schon gar nicht meine Tochter) allein war. Am Ende hielt meine Tochter ihr TIGEREXPERTENDIPLOM in den vor Kälte zitternden Händen, inklusive eines ziemlich coolen Plakates! Tatsächlich stand danach noch Gondwanaland an.

Nach sieben Stunden Aufenthalt tranken wir dann bei meinem Neffen Kaffee und aßen Kuchen zum Abendbrot. Meine Tochter hatte aber noch nicht genug und so tauschte sie ihre neu hinzugekommenen Süßigkeitenschätze mit denen meiner Familie, was zu witzigen Situationen führte:
Tochter: "Was bekomme ich für den Osterhasen, Onkel?"
Onkel: "Wie wäre es mit dem Ei?"
Tochter: "Nein, das ist viel kleiner, ich will noch etwas dazu haben."
Onkel: "Aber es hat hübsches Silberpapier!"
*Die ganze Familie guckt sprachlos zu ihrem Onkel*
Onkel *grinsend zurückguckend*: "Was?"
*Seine  Gefährtin gibt meiner Tochter noch eine weitere Süßigkeit*
Onkel: "WARUM machst du das? Ich hatte sie fast überzeugt!"

So endete also Ostern im Zoo. Auch ein Abenteuer...

Das "erkämpfte" Plakat

PS. Kennt ihr die Situation, wenn ihr Eltern beobachtet, die angepisst ihre Kinder irgendwo durchschleifen? Also ich will ja jetzt nicht anfangen über Sozialverhalten zu philosophieren, aber die Leute mit ihrer Aussprache, die kaum zu verstehen ist und ihre Kinder, die wie ein Schluck Wasser umhergezottelt werden... Mir tun dann immer Kinder und Eltern unsagbar leid. Jedesmal wenn ich so etwas sehe überdenke ich mich, meine Rolle, mein Verhalten als Vater. Sicher mache ich nicht alles richig und Kinder können ganz schön anstrengend sein, aber seinem Kind ein Erlebnis zu verwehren, weil man selbst keinen Bock hat. Seinem Kind zu erklären, dass alles Scheiße ist und man den Stempel doch eh schon hat und den Blödsinn gar nicht machen muss. Seinem Kind Augenblicke Vorzugenthalten die Selbstbewusstsein stärken, Abenteuer vermitteln, Fantasie anregen...
Da wundere ich mich nicht, dass unsere Gesellschaft nach Courage schreit und ihr leises Echo von den Rücken der Leute zurückhalt, die sich umgedreht haben.

Oder um es mit den Worten von Sandy Thom zu sagen: 
I was born [...] to a world that doesn´t care. I wish I was a Punkrocker with Flowers in my Hair...

PPS. Ja, ich weiß... Ich hab doch wieder über Sozialverhalten philosophiert...

Dienstag, 2. April 2013

Ostern-Nacht

Es ist schon erstaunlich... Man freut sich darauf ein frohes Osterfest zu verbringen und erlebt ein Abenteuer, wie es selten eines gibt. Irgendwie hatte ich mir nach 3 Jahren Ostern ohne meine Tochter das Ganze anders vorgestellt... Aber wahrscheinlich hatte ich Disney-Hollywood-Filme im Kopf... doch ich will nicht länger um die gekochten Eier herumreden...

Freitag hatte ich frei und dieses Gefühl kostete ich mit meiner Tochter aus. Wir spielten unser neues Lieblingsspiel (Brettspiel) "Wer wars?" was im Übrigen das Herz eines jeden Rollenspielers hochleben lässt, sahen ein paar Folgen Avatar (Der letzte Luftbändiger), machten zusammen Pfannkuchen... wie es sein soll... Den leichten Husten am Abend kurierten wir mit einem Hustentee und gingen beide früh ins Bett.
Halb zwölf wurde ich durch das Husten meiner Tochter wach. "Scheiße..." dachte ich mir. " ... da werden wir das Osterfest doch wohl hoffentlich nicht in sozialer Isolation verbringen müssen." Im Halbschlaf bemerkte ich noch, dass es ja ganz schön viel Husten ist... Dann kam Bewegung in die Sache. Ich hörte meine Tochter aufstehen und stellte fest, dass sie immernoch stark hustete. Ich sprang auf. Im Flur begegnete sie mir dann und versuchte unter Tränen zu sprechen, schaffte es aber nicht und hielt mir ihre kleine Hand hin, in der sie eine Pfütze Schleim hielt. 
Panik Level I
Wir also ins Bad, dort weiteres Abhusten von Schleim, Erbrechen, Atemnot, das kleine rote Gesicht färbt sich weiß, die Adern am Hals treten hervor und das Atmen klang wie eine alte Dampfmaschine, deren Dichtungen erneuert werden mussten. Sie versuchte immer wieder zu sprechen, was aber nur ihre Atemnot erhöhte.
Panik Level II
Ich versuche sie zu beruhigen, springe dann zum Telefon und rufe die Polizei an. (Was man bei Panik so alles vergisst, nicht wahr?) Die weisen mich aber höflich auf die 112 hin. Dort rufe ich *auch* an, während meine Tochter weiter hustet und keucht. Adresse gegeben, Fall beschrieben... warten. Ich weiß ehrlich nicht, ob es 2 oder 5 oder 10 Minuten/Stunden waren, bis die Leute ankamen. Meine Tochter war auf meinem Arm und ich versuchte sie zu beruhigen, dann klingelte es. Notarzt und Sani sahen sie sich an. Der Arzt war sehr freundlich, lächelte viel. "Alles gut soweit, aber besser ins Krankenhaus." Der Sani betrachtete vor allem meine Waffensammlung an der Wand und meinen Rüstungsständer... das beruhigte wahrscheinlich mich... irgendwie.

Anmerkung:
Kennt ihr diesen Augenblick, wenn sich Arzt und Sani angucken und ohne Worte kommunizieren? Das macht mich irre. Ich weiß nie, ob gerade Irgendjemand zum Tode verurteilt wurde, ich einen Anruf vom Jugendamt bekomme oder nach einer Spenderlunge gesucht werden soll. 
 
Erste Untersuchung, dann kommt der Krankenwagen. Ich ziehe meiner Tochter schnell ein paar Socken und Schuhe an. Ich weiß gar nicht ob es ihr besser ging oder sie nur apathisch war. Dann ging es runter in den Krankenwagen, Flexüle legen, ich bemerkte, dass ich nur T-shirt und Hausschuhe trug... Sie bekam ein Beruhigungsmittel und eine Atemmaske. Als sie stabil war und wegpennt sprintete ich also nochmal hoch und zog mir was an, griff noch die kleine pinke Jacke, Mütze, Schal... dann runter... Der Krankentransport rollt an.
Panik Level I
"Was ist die Adresse ihrer Tochter?" 
"Ähm... keine Ahnung... die sind erst umgezogen... sie wohnt offiziell nur da..." 
"Aber sie SIND der leibliche Vater?" 
"Öhm ja... ich kann ihre Mutter anrufen" *keiner geht ran*  
Panik Level II 
"Öhm... vielleicht später?" frage ich.
*winkt ab* "Ich schreibe ihre Adresse auf."
Panik Level I

Im Krankenhaus angekommen sprechen der Notarzt (unterwegs) und der Notarzt (vor Ort) miteinander, dann Untersuchung... Adrenalin für die Lungen über Inhalator.
Ich erinnere mich bruchstückhaft an ein Gespräch mit der Schwester, einer ca. fünfzigjährigen, sturen Sau:
"Chipkarte?"
"Die habe ich nicht, die hat ihre Mutter."
"Adresse?"
"Öhm... sie ist erst umgezogen" 
Sie betrachtet mich wie einen Drogensüchtigen Kinderschänder der nach einem Bankraub 2 Omas umgefahren hat und nun auf ihre Gräber uriniert. Dann drückt sie mir einen Zettel in die Hand.
"Unterschreiben sie hier!"
Ich blicke leicht verwirrt auf den Zettel, mein Zwischenruf nach Zellstoff verhallte bei ihr ungehört, so dass meine Tochter sich auf ihr Nachthemd übergibt. Der Arzt nimmt mir den Zettel aus der Hand und legt ihn mit einer Mimik beiseite, die mir versichert, dass jetzt andere Dinge erstmal wichtiger sind, und ich denke noch... Faith in humanity restored Level Notarzt.
Die Ärzte unterhalten sich noch leise über Meth, dann macht sich der Notarzt (unterwegs) wieder los, aber nicht ohne mir noch ein paar praktische Tipps zu geben, was ich das nächste mal bei Atemnot machen kann, bevor ich den Notarzt rufe.
Später lese ich den Zettel auf dem steht, dass ich belehrt wurde, dass ich die Kosten selbst tragen muss, wenn die Chipkarte nicht vorgelegt wird... und vielleicht auch trotzdem... und ich stellte noch fest: Das würde mich ruinieren... *Schultern zuck* I don´t give a Fuck...

Dann ist meine Tochter wieder wach und mit dem Rollstuhl "Racer" geht es auf die Kinderstation. Es ist dreiviertel Eins. Nun wird sie erstmal gewogen und vermessen, dann gibt es einen Schlafanzug und dann halb 2 ein Bett. Schwester Claudia ist ruhig und nett. Der Tropf wird noch aufgedreht... Medi und Flüssigkeit... Auch für mich gibt es ein Bett direkt neben meiner Tochter. Mein Schal wird zum Kuscheltier, dann schlafen wir irgendwann ein. 
Panik Level 0

Am nächsten Morgen hat meine Tochter einen Elephantenarm, weil der Tropf doch in das Gewebe gelaufen ist. Der Rest ist schnell erzählt. Sie wollte sofort auf´s Klo und spielen und wir wurden erst von den Kabeln befreit, dann hatten wir es selbst raus. Frühstück und spielen... Ich erledige noch Papierkram und rede mit den Stationsschwestern, die sehr nett und zuvorkommend sind. Der Arzt guckt in das Spielzimmer und sagt nur: "Ich mache die Entlassungspapiere fertig." Dann gibt es einen langen Spaziergang nach Hause...

Es war Samstag und das erste Abenteuer Ostern war bestanden.

Eigentlich wundert es mich im Nachhinein, nach all den gehörten Geschichten bei Feiern, dass solch ein Abenteuer nicht schon eher passiert ist. Aber wenn es dann soweit ist... Nun jetzt weiß ich also bei Atemnot: Fenster auf und heiße Dusche an, ruhig bleiben... und ich weiß... Die Rettungsleute in Leipzig machen einen guten Job.
 
Die Seite des Blogs von meiner neuen Arbeitsstelle aus.