"Moment." sagte ich und holte wie ganz selbstverständlich aus meiner Box ein paar Würfel, wovon ich dann meiner Tochter einen gab. Die guckte mich verdutzt an. "Wofür ist der denn, Papa?" fragte sie mich. "Na für..." Ich stutzte selbst... "Für den Kampf, damit wir sehen können, wer gewinnt und wer verliert." erwiderte ich und fing jetzt erst an zu realisieren, dass ich früher als Kind auch keine Würfel gebraucht habe. Zuerst sah mich meine Tochter amüsiert an, doch dann trat Neugier in ihr Gesicht und verscheuchte den Rest. "Na gut." sagte sie.
Anmerkung:
Tabletop war mein Einstieg in die Off-Computer-Gaming-Szene. Zwar wurde daraus schnell Rollenspiel, weil es mir von jeher um Geschichten ging, nicht um den Sieg, oder das "Zerstören" von Gegnern. Lange Jahre danach entdeckte ich Mortheim wieder neu für mich. Seither arbeite ich auch an einer eigenen Mortheimplatte und bin momentan in Besitz von 4-8 Banden für Mortheim und Einer für Death Squad.
"Hey ihr da drinnen, gebt die Prinzessin heraus, oder... oder wir beschießen euch mit einem Katapult." sagte ich frohen Mutes, während ich die Base wie eine Phalanx in Richtung Burg schob. "Nein Papa, Deine haben das Katapult vergessen." "Nein, haben sie nicht!" erwiderte ich, noch bevor ich darüber nachgedacht hatte. Da flog ein Ritter mit einem Pferd heran über die Burgmauer der belagerten Prinzessin und zerschmetterte das Katapult. "Öhm, nee." sagte ich. "Das Pferd kann doch gar nicht fliegen." "Doch, Papa, das ist ein Einhorn... mit Flügeln" (Sätze wie : "Auf 4+ kann mein Leman Russ (ein Panzer) fliegen" kehrten in meinen Kopf zurück.) "Dann stellt sich der hier mit dem Speer aber dagegen." Ich stelle einen Legolandsknecht dazwischen. "Meiner ist viel stärker" meint meine Tochter. "Na lass uns Würfeln." sage ich. "Deiner fliegt also auf einem Einhorn, also +2 ..." "Und er ist der König." sagt meine Tochter. "Also gut, du hast +3, also du darfst 3 zu deinem Wurf hinzuzählen." Resigniert blickte ich auf den W6 in meiner Hand und stellte mir die Eroberung von Doerchgard vor. Plötzlich springt ein Einhorn über die Palisade und zerstört den Trebuchet... Ich würfle. Meine Tochter würfelt. Ich habe eine 6, meine Tochter eine 1. Ich reiße die Arme hoch und juble. Meine Tochter wirft sich auf den Boden und fängt an zu weinen. "Das war mein BESTER!" schluchzt sie. Es dauert eine Weile, bis ich sie wieder beruhigt hatte, mit viel Schmusen und dem Versprechen, dass der Reiter und sein Einhorn sicher nur verwundet sind und sich schnell erholen werden. In meinem Kopf lief die Verwundetentabelle von Mortheim ab. Wir probierten das Ganze noch ein paar mal. Meine Ritter lagen allesamt zerschmettert vor den Mauern und hatten absolut Nichts bewirkt.
Fazit:
Vorerst spiele ich solche Spiele (objektbezogene psychosoziale Rollenspiele) nicht mehr mit meiner Tochter. Ich baue und helfe Legoschlösser oder auch Raumschiffe zu bauen und sie darf auch mal vorsichtig meine Figuren aus der Vitrine, oder Gelände meiner Mortheimplatte haben, aber ich selbst halte mich zurück. Warum? Ich spiele viel zu gerne selbst mit und es kostet mich sehr viel Kraft mich auf das Spiel meiner Tochter so stark einzulassen. In diesem Zusammenhang habe ich oft über Begriffe wie "richtig" oder "falsch" nachgedacht... Am Ende kam ich auf "menschlich". Bin ich also der perfekte Dad? Nein. Ich bin ein freakin´ Roleplayer...
"Papa? Warum ist die nackig?" "Sie wurde aus einer anderen Dimension beschworen und konnte nichts mitnehmen." "Ach so." |
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